Frag iFixit: Wie bekommt man klebriges Plastik wieder sauber?
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Frag iFixit: Wie bekommt man klebriges Plastik wieder sauber?

Vor ein paar Wochen habe ich meinen alten K-Mix USB-Audiomixer aus einer Schublade gezogen. Igitt – eine Schicht aus Staub und einer sehr klebrigen Substanz überzog das ganze Gerät. Der Grund dafür ist eine Soft-Touch-Schicht, die dafür sorgt, dass sich Kunststoffoberflächen samtig weich anfühlen. Jedenfalls, wenn sie noch neu sind. Mit der Zeit zersetzen sie sich und werden zu besagter klebriger Masse. Und wie bekommt man die jetzt wieder ab?!

Wenn Samt zu zähem Kleber wird

Warum verwenden Hersteller diese Soft-Touch-Schicht überhaupt? Nun ja, wenn sie neu sind, geben sie einem Gerät schon einen gewissen (sorry) Touch. Statt eines harten, glatten und sich irgendwie billig anfühlenden Kunststoffs berührt man eine matt schimmernde, weiche Oberfläche – ein Hauch von Luxus. Außerdem kann die samtige Schicht kleinere Fehler aus dem Herstellungsprozess übertünchen. Zum Vergleich: Ich habe ein Paar Genelec Lautsprecher aus unveredeltem Aluminium, die einfach fantastisch aussehen, aber die Oberfläche ist voller Abschürfungen, Flecken und Schleifspuren. Ein sehr attraktiver Look – jedenfalls bei Aluminium. Kunststoff mit ähnlichen Imperfektionen sieht gar nicht gut aus.

Das Problem mit diesen Materialien ist, dass sie sich mit der Zeit zersetzen und anfangen zu kleben, sodass jeglicher Staub daran hängen bleibt. In anderen Fällen verwandeln sie sich in eine honigartige, zäh-klebrige Masse, die ziemlich ekelhaft ist. Damit sich Kunststoff weich anfühlt, verwenden Hersteller Verbindungszusätze wie Öle, Antioxidantien und Stabilisatoren, die mit der Zeit an die Oberfläche wandern und für das klebrige Gefühl verantwortlich sind. Dieser Prozess nennt sich Weichmacherwanderung, und er tritt bei Armaturenbrettern in Autos genauso auf wie bei den Lautstärkereglern von E-Gitarren.

Sticky plastic on the bottom of the K-Mix mixer

Am einfachsten vermeidest du das Problem, indem du keine Soft-Touch-beschichteten Produkte kaufst. Den Zersetzungsprozess des Kunststoffs kann man verlangsamen, indem man die Produkte kühl hält – Wärme beschleunigt den Prozess. Aber wenn du gerade diesen Artikel liest, ist es wahrscheinlich zu spät dafür, stimmt‘s? 

Dazu kommt, dass man nicht immer vorhersagen kann, welche Oberflächen sich zersetzen werden. Das liegt daran, dass unterschiedliche Beschichtungen betroffen sind. Soft-Touch-Kunststoffe sind häufig betroffen, aber eben auch andere Materialien. Gummierte Oberflächen werden klebrig, weil das Gummi in seinen ursprünglichen Zustand zurückkehren möchte. Um aus dem sirupähnlichen Harz des Gummibaums Autoreifen und Joystick-Griffe machen zu können, muss man es zunächst mit Schwefel und anderen Zusätzen erhitzen. Dieser Härtungsprozess, Vulkanisierung genannt, sorgt dafür, dass sich die Polymerketten zu einem starken, dehnbaren Gitter verbinden. Wenn diese Polymerverbindungen sich – durch Alter und Wärme bedingt – irgendwann auflösen, wird das Gummi wieder klebrig.

Die F100 Spiegelreflexkamera von Nikon aus dem Jahr 1999 – noch eine mit echtem Film – hat beispielsweise eine ziemlich normale gummierte Oberfläche, die aber berüchtigt dafür ist, dass sie mit der Zeit klebrig wird. Ich habe eine, die ich meinem Vater gab. Einige Jahre später bekam ich sie zurück; in der Zwischenzeit war die Gummierung unangenehm klebrig geworden und zog Staub magisch an. Aber ich habe sie wieder hinbekommen.

Spülwasser und Hochprozentiges

Wenn der Gegenstand, den du entkleben möchtest, keine empfindliche Elektronik enthält, beginnst du die Reinigung am besten mit warmem Seifenwasser. Seife, beziehungsweise Spülmittel, kann oft dabei helfen, die gelösten Weichmacher zu entfernen und die klebrige Schicht zu beseitigen.

Wenn Wasser und Seife nicht ausreichen, probiere es mal mit Backpulver: Vermische es mit etwas Wasser zu einer Paste. Streiche sie auf die klebrige Oberfläche, lass sie eine Viertelstunde einwirken und wische sie dann ab.

Immer noch klebrig? Dann brauchst du jetzt ein Lösungsmittel. Probiere dieses erstmal an einer unauffälligen Stelle aus, denn je nach der Art des Kunststoffs und der Weichmacher kann ein Lösungsmittel auch bewirken, dass der Kunststoff sich weiter zersetzt und sogar noch klebriger wird. Bei einem klebrigen Lenkrad im Auto raten wir deshalb entschieden davon ab, zu Lösungsmitteln zu greifen.

Um klebrige Kunststoffoberflächen zu reinigen, ist Isopropyl-Alkohol das Mittel der Wahl. Rein, oder fast rein, verträgt sich Alkohol gut mit elektronischen Geräten, weil er nicht leitend ist. Alle Details dazu erfährst du in unserer Anleitung zu Isopropyl-Alkohol, aber hier ist das Wichtigste, was du zu Alkohol als Reinigungsmittel wissen musst:

Isopropyl-Alkohol, auch als Isopropanol bekannt, löst ölige Substanzen, tötet Viren und Bakterien ab und verdunstet, ohne Rückstände zu hinterlassen. Empfindliche elektronische Geräte sind anspruchsvoll und wollen das „gute Zeug“, also mit einem Alkoholgehalt von 90 % oder mehr. Aber um die klebrige Schicht von Kunststoff- oder Gummioberflächen abzubekommen, reichen auch niedrigere Konzentrationen aus – schließlich musst du dir hier keine Gedanken über Kurzschlüsse machen, die durch etwaige Rückstände verursacht werden könnten. Wenn doch sichtbare Unreinheiten zurückbleiben, kannst du einfach nochmal drüberwischen. Allerdings solltest du dir die Liste der Inhaltsstoffe genau ansehen: Nur Wasser und Isopropyl-Alkohol sollten drin sein, sonst nichts. Franzbranntwein und ähnliche Produkte enthalten Duftstoffe oder andere Chemikalien, die deine Geräte womöglich nicht vertragen – und der Geruch geht dir wahrscheinlich auch irgendwann auf die Nerven.

Trying to scrape off the sticky plastic coating with a Jimmy
Dauert noch eine Weile: Der K-Mix Mixer, noch ziemlich klebrig.

Für die Reinigung einer Gummibeschichtung wie bei meiner Nikon brauchst du Isopropanol – und Geduld. Reibe sie vorsichtig ab und nimm nie so viel Alkohol, dass er tropfen würde. Möglicherweise musst du den Vorgang mehrmals wiederholen, aber letztendlich sollte sich das Gummi nicht mehr klebrig anfühlen, sondern einfach wie Gummi. Pro Tipp: Nimm kein Toilettenpapier dafür, denn das zerkrümelt sofort und macht die Sache nur schlimmer. Ich nehme dafür die Überreste alter Baumwoll-T-Shirts, die ich zu Lappen schneide, und das funktioniert ziemlich gut.

Beim K-Mix Mixer – auf dem Bild sieht man das ganze Ausmaß der Verklebung – sah die Sache nicht gut aus. Selbst nach einer Behandlung mit Isopropyl-Alkohol war die Beschichtung noch klebrig. Wie du siehst, konnte ich recht viel von der Klebeschicht abschaben und dann den Rest mit Isopropyl-Alkohol einweichen und abreiben.

The underside of the K-Mix mixer, cleaned of its sticky residue
Nach dem Schaben und einem Isopropanol-Bad: Deutlich besser.

Am allerbesten wäre es in diesem Fall, das Gerät ganz auseinanderzunehmen und das Gehäuse abzuschaben (am besten mit einem Kunststoffwerkzeug wie einem Halberd-Spudger oder einer Kunststoffkarte, damit die Oberfläche nicht verkratzt wird) und das Gehäuse dann einzuweichen, um die Reste zu entfernen.

Andere Lösungsmittel

Feuerzeugbenzin: Nicht nur zum Feuerspucken gut. Bild via Robert Trudeau.

Manchmal jedoch ist Alkohol nicht die Lösung. Wenn du die Etiketten von Einmachgläsern ablösen willst, lässt sich bei manchen der restliche Kleber am besten mit Feuerzeugbenzin lösen. Auf Glas kannst du das gut einsetzen; auf anderen Materialien solltest du erst an einer verdeckten Stelle testen, dass es dem Material selbst nicht schadet.

Fun Fact: Feuerzeugbenzin kann man gut dafür verwenden, Vintage E-Gitarren mit ihrem empfindlichen Nitrozelluloselack zu reinigen. Falls du eine solche besitzt, solltest du andererseits einen großen Bogen um Nagellackentferner und andere Aceton-haltige Präparate machen, die den Lack auflösen können, bevor der erste Akkord verklungen ist. (Das gilt auch für Mückenschutzmittel, die DEET enthalten – Vorsicht bei Open Air Konzerten!)

Aceton hat auch seine guten Saiten Seiten: Es ist zum Beispiel auch in unserem Klebstoffentferner drin. Allerdings kann es ABS-Kunststoffe beschädigen, leider – denn es ist ziemlich gut darin, alle möglichen unerwünschten Verklebungen aufzulösen. 

Die Soft-Touch-Wasserflasche von Liz, von einer klebrigen Schicht bedeckt (links) – und nach einer Behandlung mit Orangenöl (rechts).

Orangenöl ist ein weiteres beliebtes Lösungsmittel, um Rückstände von Klebemitteln abzuschaben (und ist die aktive Zutat in vielen haushaltsüblichen Klebstoffentfernern). Nachdem Liz Chamberlain, Nachhaltigkeitsbeauftragte bei iFixit, einige Erfahrungsberichte dazu gelesen hatte, probierte sie es selbst an einer ehemals weichen und jetzt klebrigen Trinkflasche aus. Sie tränkte einen Lappen mit Orangenöl, wischte die Flasche damit ab und wusch sie dann noch einmal ab – und die Flasche war deutlich glatter als vorher und klebte nicht mehr.

Um herauszufinden, welches Lösungsmittel auf deiner verklebten Kunststoffoberfläche funktionieren wird, gibt es nur eine Möglichkeit: Du musst es ausprobieren. Fang am besten mit Isopropyl-Alkohol an, damit kommen sogar elektronische Geräte zurecht, und probiere alles Weitere zuerst an einer verborgenen Stelle aus.

Was die Sicherheit angeht: Achte darauf, keine Dämpfe einzuatmen. Ziehe Handschuhe an und arbeite in einem gut belüfteten Raum. Entsorge alle abgeschabten Klebekrümel im Restmüll und sei vorsichtig im Umgang mit lösungsmittelgetränkten Lappen – sie stellen ein Brandrisiko dar.

Klingt nach ziemlich viel Aufwand? Ist es auch. Und wenn du einmal ein Gerät von einer zähen Klebeschicht befreit hast, kaufst du wahrscheinlich nie wieder ein Soft-Touch-Produkt.

In der Serie „Frag iFixit“ beantworten wir häufige Reparatur-Fragen: Wie verhindere ich, dass ich Schrauben runddrehe? Lohnt es sich überhaupt, diesen verflixten Drucker zu reparieren? Ich habe aus Versehen Wasser / Kaffee / O-Saft über meinem Laptop verschüttet – was tun? Wenn du andere Fragen zu großen Themen der Reparatur hast, lass uns einen Kommentar da.

Dieser Artikel wurde übersetzt von Maria Parker.